Beim Dresdner Journalistenprozess wurden am 14. Juli 2010 Zeugen von der Hamburger „ZEIT“ gehört, die den online-Beitrag vom 27. Juni 2008 („Voreiliger Freispruch“, Zeit-online) bearbeiteten bzw. juristisch prüften. Der verantwortliche Redakteur ließ keine Zweifel an den Recherchequalitäten der beiden Angeklagten und würde ihnen – trotz dieses Prozesses – auch heute noch vertrauen. Eine Eingrenzung des Personenkreises, die als Quelle dienen könnten, lehnte er unter Hinweis auf den Informantenschutz ab. Die Fragen des vorsitzenden Richters hierzu waren zuvor von beiden Verteidigern als unzulässig gerügt wurden. Der verantwortliche ZEIT-Justitiar erklärte seine Prüfungsweise erklärt und legte dar, was an den strittigen Textstellen als Meinungsäußerung oder als Tatsachenbehauptung gelte und was von ihm nachgefragt wurde.
Der Strafprozess vor dem Dresdner Amtsgericht wird wegen Berichterstattung über den so genannten „Sachsensumpf“ geführt, weil zwei freie Leipziger Journalisten einen Strafbefehl über jeweils 4800 Euro ablehnten.
AH/MX
11. August 2010 um 5:08 pm |
In Sachsen scheinen Gerichte zunehmend eine Verhinderungsfunktion zu übernehmen. Kaum noch jemand traut sich, sich ans Gericht zu wenden, ganz abgesehen davon, dass diese den Bürger kaum ernst nehmen. Das Abkassieren scheint sich mittlerweile als eine der wichtigsten Funktionen der Gerichte entwickelt zu haben. Es wird höchste zeit, dass die Gerichte sich wieder auf das Grundgesetz besinnen lernen. Und da ist Meinungsfreiheit garantiert.
Hier ein Artikel von mir zu diesem Thema
NEUES VOM DEUTSCHEN RECHTSSTAAT. 844 Euro für ein nicht statt gefundenes Verfahren.
Im Mai anno 2006 verkaufte die Stadt Dresden alle ihre Wohnungen aus dem Kommunalen Wohnungsbestand. Dies waren 48 000 an der Zahl. Ein „Investor“, Heuschrecke Fortress, angeblich aus Amerika, bekam den Zuschlag, der angeblich ein großer Gewinn für die Stadt sei. OB Roßberg und seine Adepten jubelten. Sie sollten 1,74 Mrd. Euro dafür bekommen. Nach Abzug der Schulden erhielt die Stadt schließlich nur 982 Millionen Euro überwiesen. Aber das reichte, um die Stadt schuldenfrei zu machen. Die einzige Schulden freie Stadt in Deutschland jubelte man.
Als kritische Bürgerrechtler nach hakten, erfuhren sie, dass die WOBA ja gar keine Schulden hatte, die hier verrechnet sein sollten. Sondern der Stadt jedes Jahr 10 Millionen Euro Gewinn brachte. Die Schulden seien Altschulden, die hier verrechnet worden seien. 1995 waren sie der Stadt Dresden einfach übergestülpt worden, resultierend aus einem „Fehler des Einigungsvertrages“, wie OB Roßberg selbst in seinem Blog Beitrag auf der Webseite von Walther Saft schrieb. In seinem Walther Saftblog versuchte er, frei auf Fragen der Bürger einzugehen. Was andere nur versprachen, er tat es. Später sollte ihm das leider zum Verhängnis werden.
Indem er auf alle Fragen der Bürger eine Antwort geben wollte und das Gläserne Rathaus realisierte, wurde ihm das dann schließlich doch so übel genommen, dass er verklagt wurde wegen einer Lappalie und aus dem Amt gehen musste. OB Roßberg verriet zumindest, diese Schulden seien die der Stadt aufgezwungenen „Kredite“, die die Stadt für die zu DDR-Zeiten subventionierten Wohnungen zahlen sollte. Die Subventionen der VEB an die WOBA, an Kindergärten, Theater usw. waren zu Schulden gemacht worden. Die Regierung hatte das anerkannt und von einem Erblastentilgungungs Fonds gesprochen. Diese Art Schulden betrifft allerdings nicht nur Dresden, sondern im Prinzip alle Kommunen der DDR. Außer Leipzig, weil der damalige OB Hinrich Lehmann-Grube denen einen Vogel gezeigt hatte und sagte: „Das sind keine Schulden. Wir zahlen nichts.“ Für den Bau des Gewandhauses usw. wurde nämlich auch von Leipzig die Rückzahlung gefordert. Wie weit die RÜckzahlubg der Subventionen durch VEB heute in Leipzig doch noch nachgeholt wurde bzw. werden muss, weiß man nicht so genau. Jedenfalls ließ sich OB Lehmann-Grube nicht erzählen, dass die Subventionen und anderen Unterstützungen der VEB für kommunale Einrichtungen zu DDR Zeiten nun plötzlich Kredite seien, die mit Zinsen und Zinseszinsen zurück zu zahlen seien. Die Treuhand Chefin und große Ökonomin, Birgit Breuel, ohne Studium hatte das so befunden, und alle anderen Politiker beteten das Märchen von den Schulden der DDR nach. Wollten die das nicht wissen oder war das System? Interessant ist natürlich, wer diese sogenannten Altschulden heute eintreibt mit 11 Prozent Zinsen jährlich. Dies ist meines Wissens im wesentlichen die Deutsche Kreditbank AG, eine Privatbank, der selbst nach Einschätzung des Bundesgerichtshofs die alten Schuldverschreibungen viel zu billig überlassen wurden. Besonders interessant ist, dass die „Kredite“ nicht wie die Ersparnisse der DDR Bürger im Verhältnis von 1 : 2 in DM getauscht wurden, sondern 1 : 1.
Aber Fortress hatte die Wohnungen mit Grundstücken, diversen Parkplätzen, Hofflächen, Brachflächen, Ladenräumen für 982 Millionen Euro gekriegt, ein Drittel der Stadt. Weil die WOBA ja so verschuldet sein sollte. Ob die Schulden nun an die Deutsche Kredtitbank abgezahlt wurden durch Fortress, bleibt ungeklärt. Hoffentlich vergisst nicht eines Tages mal wieder ein neuer Stadtrat, dass sich die Stadt ja schuldenfrei gekauft hat.
So einfach lassen wir uns das nicht gefallen, Bürgerrechtler versuchten, weiter nach zu haken. Als vom Rathaus schließlich nur gemauert wurde, es keine Auskunft gab bzw. die Bürgerrechtler den Eindruck hatten, sie werden verschaukelt, beschlossen sie, zu klagen. Wie und wo, das war gar nicht so einfach zu entscheiden. Deshalb entschlossen sie sich erst mal dazu, beim Zivilgericht Dresden eine Klage einzureichen.
Sie verklagten den Rat der Stadt dazu, dem Verbleib der fehlenden 800 Millionen Euro nachzugehen. Außerdem sollte überprüft werden, ob die Wohnungen nicht hätten den Bürgern, die in ihnen seit Jahren und Jahrzehnten wohnten, verkauft werden müssen.
Das Amtsgericht Dresden wollte erst noch einige Fakten. Die wurden geliefert. Dann kam noch ein Brief, in dem stand, man wisse nicht, welchen Streitwert man verrechnen solle. Ob man vielleicht den Wert einer Wohnung, die man ja zurück wolle, als Streitwert angeben solle. Nichts Böses ahnend, stimmten die Bürgerrechtler, von denen eine ihre Wohnung gern kaufen würde, zu. Schließlich ging es ja auch darum, den anderen WOBA Mietern die Möglichkeit zu geben, ihre Wohnungen zu kaufen. Sie wurden ja danach nicht gefragt. Weder, ob sie damit einverstanden seien, dass ihr Volkseigentum verkauft wird, noch ob sie es vielleicht kaufen würden. Wenn schon ein Streitwert zu ermitteln sei, dann könne man ja, wie der Richter vorschlug, 20 000 Euro zugrunde legen, das sei nach den Aufrechnungen der Bürgerrechtler ja der Preis für eine WOBA Wohnung mit Grundstücksanteil, Hofflächenanteil, Parkflächenanteil in etwa für Fortress gewesen. Sie widersprachen dem nicht.
Danach kam ein Brief, in dem mitgeteilt, wurde, der Streitwert sei so hoch, dass dieser Fall dann doch nicht vom Amtsgericht behandelt werden könne. Man solle sich an das Landesgericht wenden mit diesem Fall. Außerdem brauche man dafür einen Rechtsanwalt. Welcher Rechtsanwalt soll denn hier besser Bescheid wissen, als die Betroffenen selbst, dachten die Bürgerrechter. Wozu sollten sie den brauchen?
Während sie noch nachdachten, erreichte sie ein Brief der Justizkasse, mit einer Rechnung über 844 Euro. Die konnten und wollten sie natürlich nicht zahlen, deshalb wandten sie sich nicht weiter an das Landesgericht. Da sie die Rechnung als eine Art Vorauskasse hielten, zahlten sie diese natürlich nicht. Und dachten darüber nach, ob sie sich vielleicht doch besser an die Staatsanwaltschaft wenden sollten. Als dann aber die Mahnung kam, begriffen sie, dass das Amtsgericht das Lesen der Klageschrift und das nicht statt gefundene Verfahren im Streitwert von 20 000 Euro bezahlt haben wollte. Sie schrieben einen Widerspruch und hielt das ganze für erledigt. Doch weit gefehlt. Nun kam erneut eine Rechnung, dieses Mal wenigstens reduziert auf 291,50 Euro. Diese Rechnung müsse nun aber unbedingt bezahlt werden, sonst werde gepfändet.